Erfahrungsbericht: Fernkurs "Schule des Schreibens" mit Schwerpunkt "Belletristik"

Ich wohne seit 25 Jahren an einem Ort, wo andere Menschen Urlaub machen. Zwar zugehörig zu einem Dorf, aber trotzdem so abgelegen, dass meine Familie und ich nur ein Nachbarhaus haben. Für eine Frau von 35 Jahren mit zwei kleinen Kindern, mit geringer Berufsperspektive in dieser Gegend und einem Partner, der Selbstständig ist und darum sechs Mal die Woche täglich 10-12 Stunden arbeitet, etwas zu einsam. Trotzdem habe ich diesen Umzug von der Stadt hierher nie bereut. Aber irgendwann kommt man an einen Punkt, an dem man als kreativ veranlagter Mensch unzufrieden wird. Mir fehlte „Input“! Die täglichen Gespräche mit meinen Kindern unterforderten mich, und die am Abend berechtigte Müdigkeit meines Mannes ließ gar keinen interessanten verbalen Austausch zu. Und Freunde haben ebenfalls ihren Alltag zu bewältigen.

In diesem Lebensabschnitt fand ein Klassentreffen statt. Meine früheren Klassenkameraden erinnerten sich an meine Aufsätze, Geschichten und Interpretationen. Und wie gut ich sie immer damit unterhalten hätte. Eine langjährige Freundin ließ dann nicht mehr locker. Immer wieder drängte sie mich, etwas aus meinem Talent zu machen. Ich persönlich habe es irgendwie nie als Gabe gesehen, weil ich, so lange ich denken kann, am liebsten male. Als Kind habe ich an zahlreichen Malwettbewerben teilgenommen. Dabei habe ich Preise und Urkunden gewonnen. Als Teenager wollte ich dann mit meinem Mittlere-Reife-Abschluss weiter zur Kunstfachschule. Aber damals wurden keine Hauptschüler angenommen. Talent zählte nicht. Ich machte eine Ausbildung zur Schauwerbegestalterin. Nach einigen Berufsjahren nahm ich an einem Zeichenwettbewerb der Axel-Anderssohn-Akademie (inzw. HAF – Hamburger Akademie für Fernstudien) teil, um ein Stipendium zu gewinnen. Ich hatte die Hoffnung immer noch nicht aufgegeben, einer Tätigkeit nachzugehen, die mich für den Rest meines Lebens glücklich und zufrieden machen würde. Leider reichte es nur für den 2. Platz. Danach habe ich alle Malutensilien eingemottet und jahrelang keinen Pinsel mehr angerührt. In jenen Jahren reichte das Geld nicht, um mir das Fernstudium selbst zu finanzieren. Jedenfalls fiel mir diese Akademie wieder ein!

Die Axel-Anderssohn-Akademie bietet in allen erdenklichen Bereichen Fernstudien an. Ich kam seinerzeit gar nicht auf die Idee, ob es noch andere Anbieter geben könnte. Ein Malstudium kam wegen der Kinder nicht in Frage. Das Schreiben erschien mir passender, weil es räumlich und zeitlich leichter umzusetzen war. Also meldete ich mich 1997 bei der „Schule des Schreibens“ mit Schwerpunkt „Belletristik“ an. Da ich eine Vorliebe für Geschichte und Naturwissenschaften habe und leidenschaftlich gerne Romane lese, lag diese Entscheidung nahe.
Ich meine mich zu erinnern, dass das Fernstudium mit einer Dauer von 18 Monaten veranschlagt war. Falls diese Zeitvorgabe nicht ausreichte, konnte man ohne Probleme um ein halbes Jahr verlängern. Der erste Teil des Studiums lief unter der Bezeichnung „Grundschule„. Ich bekam eine Lektorin zugeteilt, die in den kommenden Monaten mit mir arbeitete. Die Grundschulphase setzte sich aus 12 Arbeitsheften und 2 Aufgabenheften zusammen.
Die Lehrhefte beinhalteten verschiedene Lektionen. Hatte man ein Thema durchgelesen, folgte eine Zusammenfassung, um alles noch einmal zu vertiefen. Dann folgten entsprechende Kontrollaufgaben. Auf diese Weise konnte man später prüfen, ob man alles verstanden hatte. Im Anhang fanden sich dann weitere adäquate Übungen zu den einzelnen Themen sowie die Lösungen zu den Kontrollaufgaben. Außerdem erhielt man eine Vorgabe, wie die Texte aussehen sollten, die man seiner Lektorin für die Korrektur zusenden würde. Wenn Fragen offen blieben, konnte ich meiner Lektorin zusätzlich einen Brief beilegen oder sie sogar anrufen. Man hatte also immer einen Ansprechpartner.

Die Grundschulhefte haben einen quasi auf das Wesentliche vorbereitet. Der Lehrplan setzte sich wie folgt zusammen:

• Rechtschreibung
• Grammatik
• Zeichensetzung
• Handwerkszeug
• Techniken
• den eigenen Stil finden
• Fremdwörter – Recherchieren
• Absätze
• Texte ordnen und gliedern
• Begründen
• Erzählen
• Dialoge
• Beschreiben
• Wortschatz
• treffende Wörter und Formulierungen gebrauchen
• wie bleibe ich am Schreiben und integriere es in meinem Alltag.

Zahllose Hinweise und Hilfestellungen eben, worüber die meisten Anfänger gar nicht nachdenken. Die Grundschule bereitete einen gewissermaßen auf das spezielle Fach vor, dass man gewählt hatte. Schließlich lag die Schulzeit bereits ein paar Jahre zurück. Und ich konnte es nicht leugnen, dass ich irgendwie eingerostet war. Das Schreiben ging mir zu Beginn des Studiums nicht so leicht von der Hand. Meiner Meinung nach war diese Lernphase völlig gerechtfertigt und notwendig für das geplante Ziel.

Anfänglich arbeitete ich mit einer elektrischen Schreibmaschine. Glücklicherweise beherrschte ich durch einen Schreibmaschinenkurs das Zehnfingersystem, was mir das Tippen einigermaßen erleichterte. Wenn eine Arbeit eingeschickt werden musste, gab es jedoch bei jedem Tippfehler Zähneknirschen.
Um Ruhe und Konzentration zu haben, wählte ich den Vormittag für meine Aufgaben. Dann, wenn der Nachwuchs im Kindergarten und in der Schule verweilte. Trotzdem hatte ich oft ein schlechtes Gewissen. Denn Nachmittags blieb nicht mehr so viel Zeit für meine Kinder über, weil Haushalt und Garten in der Warteschleife standen. Bei einem Schriftsteller mit Familie, hält ihm die Frau den Rücken frei. Aber bei einer Schriftstellerin sitzt die Familie im Nacken. Daran liegt es glaube ich auch, warum es so viele Autorinnen gibt, die erst mit 50 Jahren durchstarten. Nämlich dann, wenn die Kinder groß sind und ihre eigenen Wege gehen.

Die 2. Hälfte des Studiums befasste sich dann mit meinem gewünschten Thema „Belletristik„. Diesmal wurde mir eine andere Lektorin zugewiesen. Ich bekam insgesamt 12 Hefte über das Thema „Belletristik„, 2 Aufgabenhefte und 1 Ratgeberheft (Manuskripte verkaufen) zugeschickt. Die Aufgaben wurden umfangreicher und gliederten sich wie folgt:

• Analyse der Belletristik
• Ratschläge für die Themenfindung, Vorbereitung und Umsetzung in die Textform
• eine Figur entwickeln
• Kurzgeschichten
• eine Szene schreiben
• Geschichten mit Hilfe eines Fotos entwickeln
• Schauplatz- und Personenbeschreibung
• Entstehung einer Geschichte
• Überschriften
• Anwendung von Sprachbildern
• Rückblenden, Übergänge, Anspielungen und Dialog
• Beginn, Entwickeln und Beenden
• Grundsätze des Romanschreibens
• Exposé
• Kinder- und Jugendbücher, Krimis.

Das Studium wurde zeitintensiver. Mittlerweile musste ich auch an den Wochenenden schreiben. Ich verlängerte die Studiendauer um ein halbes Jahr. Ich meine mich zu erinnern, dass ich meine Texte in einem dreiwöchigen Rhythmus an die Schule gesandt habe. Ob es Förderprogramme gab, kann ich nach so langer Zeit nicht mehr sagen. Vielleicht gab es sie, und ich habe sie nicht wahrgenommen. Eine Prüfung gab es nicht. Ich erhielt 1999 ein Zertifikat. Nach Abschluss des Studiums konnte man jederzeit Hilfestellung in Anspruch nehmen, indem zum Beispiel ein(e) Lektor(in) ein Exposé oder Manuskript korrigierte und Verbesserungsvorschläge mitteilte, damit man bessere Chancen bei dem entsprechenden Verlag hatte. Wie lange man diese Vorzüge nutzen konnte oder ob sie etwas kosteten, weiß ich ehrlich gesagt nicht mehr. Ich habe dieses Angebot nicht genutzt, weil eigentlich nach dem Studium die Arbeit erst richtig anfing. Die Akademie vermittelt einem nur das Handwerkszeug. Wenn man nicht gerade ein Überflieger auf diesem Gebiet ist, dann muss man sich alles erst intensiv erarbeiten. Dadurch verlor ich zwangsläufig den Kontakt. Nur durch regelmäßiges Schreibtraining wird man perfekter.
Rückblickend fand ich die freie Zeiteinteilung bei diesem Fernstudium praktisch. Aber für diese Art des Lernens muss man diszipliniert und organisiert sein, weil der Gruppenzwang fehlt. Vermisst habe ich bei diesem Studium den „Blick“ hinter die Kulisse (Verlag, Vermarktung, Verträge etc.). Auch dass man keine entsprechenden Leute aus dieser Branche kennengelernt hat. Jemand, der einen vielleicht auf den richtigen Weg bringt, weil er über mehr Erfahrungen verfügt.

Inzwischen habe ich mehrere humorvolle Kurzgeschichten und einen historischen Roman geschrieben. Ein weiterer Roman ist in Arbeit. Bisher habe ich nur Absagen bekommen. Oft hatte ich den Eindruck, dass mein Manuskript gar nicht gelesen wurde. Von einem anderen Autor, der einige Bücher veröffentlicht hat, weiß ich, dass die deutschen Verlage lieber auf Nummer sicher gehen und Bücher, die sich in anderen Ländern bewährt haben, übersetzen und dann hier in Deutschland verkaufen, anstatt die eigenen Autoren zu fördern. Diese Methode der Vermarktung ist nicht zeitaufwendig und auch nicht so kostspielig. Vielleicht bin ich aber auch einfrach nicht gut genug. Trotzdem habe ich mein Fernstudium nie bereut! Das Bedauern, es nicht wenigstens versucht zu haben, wäre viel schlimmer. Mein „Hunger“ nach „Input“ wird seitdem mehr als gestillt! Inzwischen male ich auch wieder und bin jetzt mit 51 Jahren rundum zufrieden. Ist es nicht das, was eigentlich zählt?

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