Die Psychologie des Lernens – Wie funktioniert Lernen?

„Man kann einen Menschen nichts lehren, man kann ihm nur helfen, es in sich selbst zu entdecken.“ (Galileo Galilei)

a) Die Funktionsweise des Gehirns – Lernkanäle

Das menschliche Gehirn ist ein Wunderwerk und zu Außerordentlichem im Stande. Dennoch ist seine Kapazität und seine Funktionalität begrenzt. Die Neurowissenschaft jedoch bringt Erkenntnisse über die Funktionen des Gehirns hervor, die auch beim Lernen eine Rolle spielen und anhand derer Lernmethoden entwickelt werden, die die Effektivität des Lernens enorm steigern können.

Über die Sinnesorgane nehmen wir Informationen auf, die im Gehirn verarbeitet und gespeichert werden. Je nach Qualität der Informationen speichern wir diese im Kurz-, Ultakurz- oder im Langzeitgedächtnis ab. Wie lange wir eine Information speichern hängt nicht nur von deren Wichtigkeit für uns ab, sondern zunächst davon, wie die Information überhaupt erst ins Gehirn gelangt ist. Bei der Wahrscheinlichkeit des Behaltens von Informationen unterscheidet man grob:

InformationsaufnahmeWahrscheinlichkeit des Behaltens
selbst machen90%
nacherzählen / erklären70%
hören + sehen50 %
sehen30 %
hören20 %

Hieraus ergeben sich zunächst zwei wichtige Folgerungen fürs Lernen.

  1. Aktive Informationsaufnahme (z.B. nacherzählen) ist effektiver als passive (z.B. sehen).
  2. Je mehr Kanäle bei der Informationsaufnahme gleichzeitig angesprochen werden, desto eher wird diese Information behalten. Wer jemandem anderen etwas erklären will, muss dies zuvor selber verstanden, also z.B. gelesen oder gehört haben. Wer etwas ausprobiert oder anwendet, verknüpft mit der eigentlichen Information bereits den gesamten Geschehensablauf, weshalb das Ergebnis im Gehirn fester verankert wird, als hätte er dasselbe Ergebnis lediglich bei jemandem anderen beobachtet.

b) Lerntyp

Entsprechend der Lernkanäle unterscheidet man auch den Lerntyp. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen dem visuellen Typ, dem auditiven Typ und dem haptischen Typ.

LerntypDefinition
visueller TypGesehenes wird gut behalten, da die optische Information vom Gehirn besonders gut umgesetzt wird.
auditiver TypGehörtes wird gut behalten, da die akustische Information vom Gehirn besonders gut umgesetzt wird.
haptischer TypEs werden besonders gut diejenigen Informationen behalten, die durch eine Interaktion aufgenommen werden, also z.B. dadurch, dass man eine Aufgabe selber löst, jemandem etwas erklärt usw.

Während also einer besser behalten kann, was er hört, fällt es einem anderen leichter, ein Schaubild wiederzugeben. Um für sich die beste Lernmethode zu finden, ist es wichtig, herauszufinden, wie intensiv man auf welche Reize reagiert. Fällt es ihnen also leichter den Stoff zu behalten, wenn sie einem Dozenten zuhören, oder ein Audiobuch hören oder wenn sie alleine für sich den entsprechenden Abschnitt in einem Lehrbuch lesen? Oder ergibt sich der Stoff für sie leichter, wenn sie ihn übersichtlich anhand eines Schaubildes betrachten?

c) Lernkurve/Vergessenskurve – Warum vergessen wir?

wie-funktioniert-lernenDie Lernkurve gibt den Lernerfolg im Verhältnis zur aufgewandten Zeit an. Eine Fähigkeit nimmt zu, wenn man sie immer wieder anwendet bzw. Wissen festigt sich, wenn man dieses kontinuierlich vermehrt. Was beim ersten Mal noch schwer erscheint, wirkt beim hundertsten Mal routiniert. Der Einstieg in ein neues Themengebiet ist oft recht mühselig, besteht erst mal ein gewisses Grundwissen und Grundverständnis zu dem Thema, lässt es sich durch konkreteres Fachwissen leichter anfüllen. Lernerfolg stellt sich also erst mit der Zeit ein.

Die Vergessenskurve hingegen gibt den Grad des Vergessens in Abhängigkeit der Zeit an.
Wenden wir eine einmal entstandene Fähigkeit nicht mehr an, entwickelt sie sich zurück. Was für den Muskelaufbau gilt, gilt auch und gerade für das Lernen. Wissen muss angewendet werden, im Idealfall sogar vermehren, sonst nimmt es ab. Unser Gehirn wird im Alltag mit Reizen und Informationen regelrecht überflutet, von denen die allermeisten keine größere Bedeutung haben. Deshalb landen die meisten dieser Informationen auch nur im Ultrakurzzeitgedächtnis und sind bereits nach kurzer Zeit nicht mehr abrufbar. So heißt es, dass man nach etwa einer Stunde bereits ungefähr die Hälfte des Gelernten wieder vergessen hat, nach einem Tag bereits Zweidrittel und nach einer Woche rund 75-80%.

Es reicht also nicht aus, ein Kapitel gelernt und sich den Inhalt angeeignet zu haben. Wenn die Prüfung, in der genau das Wissen abgefragt wird, erst in einigen Monaten stattfindet, ist die Gefahr groß, dass es lückenhaft geworden ist. Deshalb ist es wichtig, das Gelernte durch Wiederholung und Anwendung im Gehirn zu festigen und kontinuierlich zu lernen.

d) Die Eigenschaft des zu lernenden Stoffes – Ganz schön schwere Kost?

Den meisten Menschen fällt es leichter sich Stoff zu merken, der rational leicht erklärbar, intuitiv verständlich, und visuell vorstellbar ist. Wohingegen abstrakte Dinge oft schwieriger zu verstehen und zu behalten sind. Stoff mit großem Praxisbezug bleibt eher haften als reine Theorie.
Analysieren sie daher den zu lernenden Stoff und verschaffen sie sich einen Überblick darüber, mit welcher Art von Wissen bzw. Lernstoff sie es zu tun haben. Dadurch lässt sich besser planen, wie mit dem Stoff umzugehen ist.

TIPP: Nutzen sie möglichst mehrere Kanäle, um Wissen aufzunehmen. Je aktiver sie mit dem Stoff umgehen, desto besser bleibt er im Gedächtnis haften.
Analysieren sie ihren eigenen Lerntyp und passen sie ihre Lernstrategie hieran an – nicht umgekehrt. Halten sie sich vor Augen, dass „aller Anfang schwer ist“. Wenn die Grundlagen sitzen, fällt das Detailwissen verhältnismäßig leicht.

AUTOR

Kevin Schroer

Hier schreibt für Sie Dipl. Kfm. Kevin Schroer - Seit meinem Studium an der Leuphana Universität Lüneburg, im Fachbereich Betriebswirtschaft, schreibe ich für SIe über Fernstudiengänge und Fernkurs aus den Bereichen für Sprachen & Schulabschlüsse.

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1 Kommentar “Die Psychologie des Lernens”

  • Matthias Werner sagt:

    Hallo,

    danke für den interessanten Artikel. Gibt es eine wissenschaftliche Quelle aus der die Werte der Wahrscheinlichkeit des Behaltens hervorgehen?

    Viele Grüße
    Matthias Werner

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